Spannungsfelder zwischen Grundzentren und Mittelzentren

Autor Marcel Hardrath
Darstellung der Verflechtung von Räumen

Konflikte zwischen Grund- und Mittelzentren sind ein häufiges Phänomen in der Raumordnung und Wirtschaftsgeographie. Sie entstehen, wenn die Funktionen und Interessen der beiden Zentrenstufen nicht übereinstimmen oder sich gegenseitig behindern.

Zum Beispiel kann ein Mittelzentrum versuchen, seine Versorgungs- und Arbeitsmarktangebote auszubauen und damit die Nachfrage nach den Leistungen des Grundzentrums zu verringern. Oder ein Grundzentrum kann sich gegen die Abwanderung von Bevölkerung und Wirtschaftskraft an das Mittelzentrum wehren und eigene Entwicklungsstrategien verfolgen.

Solche Konflikte können verschiedene Formen und Ursachen haben. Sie können als Kommunikations- oder Verhaltenskonflikte auftreten, wenn die Akteure der beiden Zentrenstufen nicht ausreichend miteinander kommunizieren oder kooperieren. Sie können als Sachkonflikte erscheinen, wenn es um konkrete Streitgegenstände wie Infrastruktur, Finanzen oder Ressourcen geht. Sie können als Beziehungskonflikte wahrgenommen werden, wenn die emotionale Ebene dominiert und Vorurteile, Abneigungen oder Konkurrenzdenken die Zusammenarbeit erschweren. Sie können als sozio-strukturelle Konflikte verstanden werden, wenn die unterschiedlichen Rollen, Positionen und Machtverhältnisse der beiden Zentrenstufen zu Spannungen führen. Und sie können als kulturelle Konflikte gedeutet werden, wenn die verschiedenen Werte, Normen und Identitäten der beiden Zentrenstufen kollidieren.

Die Lösung solcher Konflikte erfordert eine differenzierte Analyse der Konfliktarena, der Ausdehnung, des Streitgegenstands, der Ursache, der Erscheinungsform und der Dynamik des Konflikts. Je nachdem, welche Ebene den Konflikt am stärksten prägt, müssen unterschiedliche Strategien angewendet werden. Dabei kann es hilfreich sein, externe Berater oder Mediatoren einzubeziehen, die eine neutrale Perspektive einbringen und die Kommunikation und Kooperation zwischen den Konfliktparteien fördern können. Ziel sollte es sein, eine Win-Win-Situation zu schaffen, in der beide Zentrenstufen ihre Funktionen und Interessen wahren und gleichzeitig die Vorteile einer regionalen Zusammenarbeit nutzen können.

Ein in der Region Nordhausen herrschender Konflikt drehte sich beispielsweise um einen Herkules-Markt in Nordhausen.

Der Herkules-Markt in Niedersachswerfen (ein Ortsteil der Landgemeinde Harztor) ist ein großes SB-Warenhaus mit einem Baumarkt, das seit den 1990er Jahren besteht. Der Markt war Gegenstand eines langjährigen Rechtsstreits zwischen der Stadt Nordhausen und dem Landratsamt Nordhausen, der sich um die Baugenehmigung und die Verkaufsfläche des Marktes drehte.

Die Stadt Nordhausen war der Meinung, dass die Baugenehmigung des Landratsamts für den Markt rechtswidrig ist und dass die Verkaufsfläche des Marktes deutlich größer ist als genehmigt. Die Stadtverwaltung befürchtete durch die tatsächliche, minmale Vergrößerung (ca. 40 qm) negative Auswirkungen auf den innerstädtischen Einzelhandel und die städtische Lebensqualität durch den Markt. Deshalb legte die Stadt im Februar 2020 Widerspruch gegen die Baugenehmigung eingelegt, die im Rahmen einer Modernisierung des Marktes erteilt wurde. Im gleichen Zeitraum wurde in der Gemeinde Werther (ebenfalls im direkten Umfeld) der Stadt Nordhausen kein Problem mit der Ansiedlung eines Autohofes und in direketem Zusammenhang stehenden neuen Einzelhandelsmarkt mit einer Verkaufsfläche von ca. 800 qm durch die Stadtverwaltung gesehen.

Das Landratsamt Nordhausen verteidigte im fortlaufenden Prozess die Baugenehmigung und erläuterte, dass die Verkaufsfläche des Marktes nur geringfügig erhöht wurde.

Anstelle in diesem Konflikt eine Lösung zu suchen, legt die Stadtverwaltung, ohne Beteiligung des Stadtrates, gegen das Vorhaben in Niedersachswerfen Widerspruch ein. Nach anschließender Beteiligung des Stadtrates und einem dortigen Beschluss zur Rücknahme des Widerspruchs konnte der Konflikt nicht gelöst werden. So wurde der Beschluss des Stadtrates nicht zeitnah umgesetzt und das Verfahren weiter betrieben.