Hi, ich bin Marcel Hardrath

Wirtschaftswissenschaftler, mit den beruflichen Schwerpunkten Nahverkehr, Mobilität und Entwicklung ländlicher Raum

Bahnhofsplatz Nordhausen
Aufnahme der Straßenbahn- und Triebwagenhaltestelle am Bahnhofsplatz in Nordhausen Foto: Marcel Hardrath

Wie soll der Nahverkehr im ländlichen Raum aussehen, um für alle Menschen attraktiv zu sein?

Mobilität befindet sich ständig im Wandel. In Ballungsräumen drängen neue Anbieter auf den Markt, E-Mobilität und Wasserstoff werden implementiert, Sharingsysteme gewinnen immer größere Marktanteile. Neue Bedienformen und Multimodalität (Kombination von Fuß-, Rad-, Individual- und öffentlichem Verkehr) können auch im ländlichen Raum eine Lösung zur künftigen Gestaltung und nachhaltigen Entwicklung sein.

Dabei darf aber neben der (Weiter-) Entwicklung von Verkehrsmitteln auch die Tarif- und Preisgestaltung für Verkehrsmittel nicht außer Acht gelassen werden, eine der komplexesten Themenstellungen im öffentlichen Nahverkehr, gerade im ländlichen Raum und den damit verbundenen, sehr langen Linienverkehren. Die Digitalisierung bietet hier Chancen nicht nur die Quell- und Zielverkehre besser zu erkennen und damit die Netze besser der Nachfrage anzupassen, sondern auch Nutzungsbarrieren abzubauen und komplexe Tarifangebote für Kunden einfacher darzustellen. Wenn wir uns mehr mit Digitalisierung, den Menschen und ihrer Mobilität beschäftigen besteht die Möglichkeit “Leben im ländliche Raum” nicht nur zu erhalten, sondern als erstrebenswerten Lebensmittelpunkt nachhaltig zu entwickeln.

Wie kann Daseinsvorsorge als staatliche Aufgabe im ländlichen Raum weiter gewährleistet werden?

Der Trend zum Leben in urbanen Räumen und die geografische Konzentration von Wissen in Metropolen ist kein Problem der Neuzeit. Der demografische Wandel führt jedoch zu einer weiteren Verstärkung dieser Problemlage, Einwohner in kleinen Städten, Gemeinden und Siedlungen benötigen ebenso wie die Einwohner in Metropolregionen eine Versorgung mit sauberem Trinkwasser, medizinischen Dienstleistungen, Energie, Mobilität, Abfallentsorgung und Brand- und Katastrophenschutz. In allen diesen Bereichen bedarf es entsprechend geschultes Personal und der Aufgabe entsprechenden technischen Ausstattung.

Digitalisierung und moderne Kommunikationsnetze können hier genauso Lösungen sein, wie eine Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe. So können neue Kommunikationstechnolgien die Tätigkeiten in Gewerbe, Landwirtschaft und den freien Berufen stärken und auch bei räumlicher Trennung eine starke Vernetzung über Gemeindegrenzen hinweg ermöglichen. Systeme der Versorgung können frühzeitig auf die Bevölkerungszahlen der kommenden Jahre angepasst und effzienter betrieben werden. Notwendig dafür ist ein Bewußtseinswandel, weg vom “erhalten wollen” hin zum “entwicklen und anpassen”.